Zu welchem Gott beten wir?

 

Auch in diesem Jahr sind die Vinzenz-Konferenzen der alten Tradition der „Gebetswache“ treu geblieben. 13 Vinzenzbrüder trafen sich mit dem geistlichen Beirat Pater Radina vom 6. bis 8. Oktober 2023 im Bergkloster Bestwig. Wie immer gab es neben den nächtlichen Anbetungsstunden auch ein inhaltliches Thema. Diesmal ging es um die Frage: „Zu welchem Gott beten wir?“

Nach der Eröffnungsrunde am Freitagabend stand ein gemaltes Kinderbild im Mittelpunkt, das Gott zeigt, wie ihn sich der neunjährige René vorstellt. Schon hierbei gab es interessante Diskussionen über die Frage, inwieweit Gott überhaupt darstellbar ist. Am Abend begann dann die nächtliche Anbetung mit der Messfeier und dem Sakramentalen Segen. Anschließend wurden – allein oder zu zweit – die Betstunden gehalten, in denen die großen Anliegen der Welt und der Kirche vor Gott getragen wurden.

Die Messfeier zum Rosenkranzfest am darauffolgenden Samstagmorgen musste wegen einer Parallelveranstaltung bereits um 6.30 Uhr beginnen. Einigen Vinzenzbrüdern war die kurze Nacht deutlich anzumerken! Den Vormittag verbrachten die Teilnehmer dann mit dem sogenannten „NASA-Spiel“, einer gruppendynamischen Übung, in der es um die eigenen Gottesbilder ging. Das Ergebnis waren unerwartete Übereinstimmungen, die zeigten, wie sehr unsere Gottesbilder durch Verkündigung, Kunst, Gebete und Lieder geprägt sind. Danach gab es eine theologische Einführung über die Möglichkeit, sinnvoll von bzw. über Gott zu reden. Es wurde deutlich, dass Gott alle menschlichen Vorstellungen und Bilder übersteigt und für uns Menschen stets ein Geheimnis bleibt.

Am Nachmittag standen dann biblische Gottesbilder, v.a. aus dem Alten Testament, auf dem Programm. Sie wurden intensiv angeschaut und in ihrer persönlichen Bedeutung für die Einzelnen besprochen. Kaum jemand hätte gedacht, dass es in der Bibel einen solchen Schatz an Sprachbildern gibt!

Wie nah die Gebetswache am Puls der Zeit ist, wurde im Laufe des Tages klar, als die ersten Nachrichten über den terroristischen Überfall der Hamas auf Israel durch die Medien gingen. Das Gebet für den Frieden wurde in der folgenden Gebetsnacht ein ganz besonderes Anliegen!

Der Sonntagmorgen begann wieder mit der Messfeier in der Krypta der Klosterkirche. In der letzten Arbeitseinheit ging es dann um Jesus als Sohn Gottes und die Bedeutung des Bekenntnisses zum dreifaltigen Gott. Anhand einschlägiger Bibelstellen wurde das christliche Credo zum „Gott über uns“ (Vater), zum „Gott mit uns“ (Sohn) und zum „Gott in uns“ (Heiliger Geist) vertieft. Am Ende wurde dann auch noch einmal die eigene Gebetspraxis reflektiert: Zu wem soll man beten? Zum Vater, zum Sohn, zum Heiligen Geist? Das Ergebnis: Wie man es macht, so macht man es richtig! Selbstverständlich spielen die Situation, der Anlass und die persönliche Spiritualität eine Rolle. Aber falsch machen kann man beim Beten nichts. Ein Gebet kommt immer „oben“ an!

Die diesjährige Gebetswache war wieder für alle Teilnehmer eine gute Gelegenheit, von den normalen Anforderungen des Lebens ein wenig Abstand zu nehmen und sich intensiver als sonst mit religiösen Fragen zu beschäftigen. Die abwechslungsreiche Verpflegung, die gediegene Atmosphäre des Bergklosters und nicht zuletzt die Gespräche beim abendlichen Bier haben die Tage wieder zu einer willkommenen Abwechslung im Alltag gemacht.

Voraussichtlich wird die nächste Gebetswache vom 15. bis 17. November 2024 in Bestwig stattfinden. Vielleicht gibt es dann noch einige neue Vinzenzbrüder und -schwestern, die sich dem gemeinsamen Beten und Diskutieren anschließen?